Mit der Vergangenheit im Blick die Zukunft gestalten:
Unser Hörgeräte-Museum

Mit der Vergangenheit im Blick die Zukunft gestalten:
Unser Hörgeräte-Museum

Mit der Vergangenheit im Blick die Zukunft gestalten:
Unser Hörgeräte-Museum

Mit der Vergangenheit im Blick die Zukunft gestalten:
Unser Hörgeräte-Museum

Das Hörgeräte-Museum am Campus Hörakustik

Aus einer Spende des Hörakustikers und Hörgerätesammlers Aubrey Miller entstand am Campus Hörakustik die größte Sammlung von Hörhilfen und audiologischer Technik in Deutschland. Mehrere Tausend Exponate dokumentieren die Entwicklung und Geschichte der Hörhilfen und des Berufs seit dem 18. Jahrhundert.

Das Museum ist während der Schulzeiten frei zugänglich. Auf Anfrage kann auch eine Führung organisiert werden. Wenden Sie sich einfach an das Service-Zentrum oder kontaktieren Sie uns per eMail oder Telefon.

Einen kleinen Ausblick auf die Exponate der verschiedenen Epochen
geben die folgenden Abschnitte:

  • Vorgeschichte

    In grauer Vorzeit war ein gutes Gehör Voraussetzung fürs Überleben, besonders in der Zeit der Jäger und Sammler. Geräusche aus der Entfernung wahrzunehmen, und dies bei Tag, war lebenswichtig. Zu dieser Zeit, so ist wohl anzunehmen, war die Hand hinter dem Ohr naheliegend.

    Zur weiteren Steigerung der Schallaufnahme könnte das Büffelhorn gedient haben. Der Wunsch zum Weiter-Hören begleitet den Menschen seit jeher, wie den weiteren Ausführungen zu entnehmen ist.

    Aus dem Altertum sind Zeugnisse überliefert, aus denen man schließen kann, dass der Mensch auch damals unter Hörminderungen litt. In altägyptischen Gräbern wurden Stelen – das sind Stein- oder Tontafeln – geborgen, deren Hieroglyphen den Wunsch zum Ausdruck bringen, die Gottheit möge dem Verstorbenen im jenseitigen Leben das Gehör wiedergeben. Der Schrift ist die Abbildung eines Ohres beigefügt.

    In vorchristlicher Zeit schreiben griechische Philosophen und Mathematiker über die Physiologie des Ohres und den Hörvorgang. Pythagoras beschreibt den Schall als Schwingung, und viele andere widmen sich diesem Thema.

  • Exponate: Hörrohre, Hörpfannen, Hörglöckchen

          

    Hörrohre (1800 bis 1900)
    Klassische Bauform: Verstärkung bis maximal 30 Dezibel; Verstärkungswirkung beruht auf großer Fläche zur Schallaufnahme; starke Resonanzen in Abhängigkeit von der Rohrlänge; z. B. keine Verstärkung um 1600 Herz; die Verstärkung ist sehr unterschiedlich für alle hörbaren Frequenzen; mangels Messgeräten konnte nur experimentell konstruiert werden.

    Hörpfannen (ca. 1850 bis 1900)
    Besondere Bauform: Bündelung der Schallwellen (früher “Schallstrahlen” genannt) in einer parabolischen Pfanne.

    Hörglöckchen (Ende 19. Jhd.)
    Kompakte Hörrohre; oft eine Rohrwendel innerhalb der Schallaufnahmeglocke gelegen; geringere Verstärkung; weniger Resonanzen; weniger auffällig als lange Hörrohre; teilweise aufwendig verziert und versilbert; gemessene Verstärkung 15 bis 20 Dezibel bei 2,5 Kilohertz.

  • 16. bis Anfang des 20. Jahrhunderts: Hörrohre, Hörschläuche

    In den Archiven der Bibliothek des Deutschen Museums in München war durch einen glücklichen Zufall vieles zu finden, was in vergangenen Zeiten geschrieben wurde. Besonders ist hervorzuheben der Jesuitenpater Athanasius Kircher aus einem Kloster in Fulda, der vor dem 30jährigen Krieg über Frankreich ins Jesuiten-Colleg nach Rom auswich. Neben zahlreichen anderen Wissensgebieten beschäftigte er sich mit der Lehre vom Schall. Im Zuge seiner Untersuchungen beschrieb er 1650 in seiner MUFURGIA die Erfindung der „Hörmaschine”. Im Kräuterbuch des Adamus Lonicerus, erschienen 1577 bei Christian Egenolffs seligen Erben zu Frankfurt, ist ein Rezept gegen Harthörigkeit beschrieben, das wegen seiner Kuriosität hier zitiert werden soll:
    Wer taub were der nemme Frauwenmilch/
    die ein Knäblein säugt/ auff zehn oder zwölff
    Wochen vergangen nach deß Kinds Geburt/
    und tu darzu Hauswurtzsafft/
    tropf drei oder vier tropffen in die Ohren/
    und thus offt/ das Gehör kompt wiederumpt.

    Im großen Universal Lexicon aller Wissenschaften von 1735, erschienen bei Johann Zeidler in Halle, gab es eine Abhandlung über die Akustik des Schalles in Verbindung mit der Physiologie des Ohres. Von einem „Kunstohr, vor die so schweren Gehörs seien” wird 1718 in der Sammlung Natur- und Medizin-Geschichten berichtet. 1812 schreibt ein Consistorialrat zu Arnstadt, wie ein Hörrohr beschaffen sein sollte: „Inwendig müssen diese Hörrohren wohl poliert, auswendig mit einem weichen Stoff überzogen sein, damit sie den Schall vollkommen gleichmäßig zurückwerfen”. Ebenfalls 1812 berichtet ein unbekannter Autor im Physikalischen Wörterbuch über seine Erkenntnisse zur Schallführung am Hörrohr.

    Nach Expertenmeinungen basieren die meisten Berichte über den Schall aus diesem Zeitabschnitt – auch in Frankreich und England – auf den Forschungsergebnissen des Athanasius Kircher. Er hatte Untersuchungen an allen damals bekannten „Constructionen” angestellt und kritisch kommentiert. Aus der Anzahl der Fußnoten ist zu entnehmen, daß allerorts in Europa am Problem der Hörhilfen gearbeitet wurde. Er schrieb um 1675 ein umfangreiches Buch über seine Experimente mit dem Schall und die Erkenntnisse, die er daraus gewann. Alle Autoren danach zitieren diese.

    Hier einige damalige Erkenntnisse zur Gestaltung der Hörrohre:
    – Schallstrahlen sollen in einem einzigen parabolischen Punkte gesammelt werden.
    – Ein gerade geformtes Rohr bringt keine Verstärkung.
    – Eine geringe Verstärkung ergibt sich auch, sobald man dem Schallweg eine Krümmung gibt.

    Alle Autoren, wie Leuceron 1624, Schwenter 1636, Athanasius Kircher 1650, Hoefer 1657, waren bemüht, Erkenntnisse über die Gesetze der Akustik und Schallausbreitung zu gewinnen. Eine allgemein anerkannte Theorie gab es noch nicht. Vermutlich sind nach den Angaben dieser Autoren Hörhilfen angefertigt worden, wobei es wohl bei Einzelstücken geblieben ist und keines der Nachwelt erhalten blieb. Serienfertigung ist erst im 19. Jahrhundert nachweisbar. Erst 1839 erscheint im „Pfennig Magazin” eine umfassende Darstellung des damals aktuellen Wissens. Auch von der Gestaltung der „Schallstrahlenfänger”, der zu verwendenden Materialien sowie den sozialen und medizinischen Aspekten wird in dieser Schrift berichtet. Über das Verdeckthalten und die gewünschte Unauffälligkeit der Hilfsmittel wird jetzt diskutiert, ein Indiz für die sich allmählich entwickelnde Breitenwirkung der Hörrohre in ihren vielfältigen Ausführungen. Ein weiterer Beweis für diese Theorie ist die Patentierung von Pastor Dunkers „Hörmaschine mit biegsamem Rohr” im Jahre 1820. Das Gerät bestand aus einem Schlauch, dessen Länge zwischen 8 und 12 Fuß gewählt werden konnte, als Schalleintritt hatte es einen Trichter aus Hartgummi. Das Bemerkenswerteste war indes die mit dem Gerät gelieferte 12seitige (!) Anwendungsbeschreibung. Übrigens verkaufte Pastor Dunker in Rathenow auch Brillen.

    Im 18. und 19. Jahrhundert wurden in England die fortschrittlichsten mechanischen Hörhilfen erdacht und hergestellt. Um diesen Geräten das Odium der Prothese zu nehmen und als Gegenteil den Anschein einer kleinen Kostbarkeit zu verleihen, wurden reich ziselierte Hörrohre aus Silber der gesellschaftlichen Oberschicht angeboten. Sie kamen um 1835 aus der Werkstatt von Rowling and Sammer in London. Um die Rohre in der Tasche mitführen zu können, waren diese teleskopartig zusammenschiebbar. Die Firma Rein and Son in London war 1865 auf die Herstellung akustischer Instrumente mit gewundenen Rohren spezialisiert. Ihre Produkte ließ sie durch Patente vor Nachahmern schützen. Auch andere englische, französische und deutsche Hersteller traten mit allen erdenklichen Formen am Ende des 19. Jahrhunderts auf den Markt.

    Von den deutschen Herstellern ist zu erwähnen die Firma Kirchner & Wilhelm in Asperg bei Stuttgart, deren zahlreiche Modelle im Katalog von 1910 des „Medizinischen Waarenhauses” angeboten wurden. Nicht ungenannt bleiben darf auch Johann Nepomuk Mälzel (1772 – 1838), der durch die Anfertigung einiger Hörrohre für Ludwig van Beethoven in den Jahren 1812 bis 1814 bekannt wurde.

  • Exponate: Hörschläuche, Kopfbügelschallfänger, Ohreneinsätze

          

    Hörschläuche (ab 1820)
    Für verdecktes Tragen im Kleiderärmel oder direktes Hineinsprechen aus geringer Entfernung (Patent von Pastor Dunker); weiterer Vorteil war die preiswerte Herstellung; daher wohl die große Verbreitung.

    Kopfbügel-Schallfänger (Ende 19. Jhd.)
    “Ohrenbrille”, beidohrige Versorgung ermöglichte Richtungshören;”Stereo-Effekt” bei freihändigem Tragen; werden heute noch hergestellt.

    Ohreneinsätze (1923 patentiert)
    Erste, rein mechanisch-akustisch wirkende Im-Ohr-Hörhilfen, versilbert; klein und unauffällig; in der Verstärkung nahezu wirkungslos; “Miniaturhörrohre”.

  • Messgeräte

    Einiges bewegte sich auch auf dem Gebiet der Hörprüfung mit nach damaligen Gesichtspunkten fortschrittlichen mechanischen Gehör-Meß-Prüfgeräten. Neben anderen Apparaten war es um 1900 die „Galtonpfeife” des vielseitigen englischen Physikers Sir Francis Galton (1822 – 1911). Dieses Gerät diente unter anderem der Untersuchung der Altersschwerhörigkeit. Neben den elektrisch angeregten Stimmgabeln nach Helmholtz (1862) und anderen später fortentwickelten Apparaturen fand auch das „Monocord” in HNO-Kliniken und Praxen Eingang. Es handelt sich hierbei um einen Tonerzeuger, der mittels eines gespannten Stahldrahtes und darauf gleitenden Schiebern definierte Töne abgab. Ein geigenbogenartiger Bügel, der über die Saite strich, erzeugte den eingestellten Ton.

    Indes, die Entwicklung ging weiter. Mit der Erfindung der elektronischen Verstärkerröhre, die in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts zur Anwendung gelangte, kam eine neue Entwicklungsstufe in der Tonaudiometrie und auch der Hörgerätetechnik zum Tragen. Die ersten Schritte vom mechanischen Tonerzeuger zum elektronischen Hoch- und Niederfrequenz-Ton- und Sprachaudiometer erfolgten um die Zeit nach dem ersten Weltkrieg ab 1920.

  • Exponate: Frühe Hörprüfgeräte

       

    Barany-Trommel (1908)
    Hörprüfgerät zur Feststellung von Hörresten durch sehr lauten Lärm; Verwendung bis in die Gegenwart; früher auch bei Hörprüfungen zur Vertäubung des Gegenohres

    Galton-Pfeife (1885)
    Hörprüfgerät zur Feststellung von Hochton-Schwerhörigkeit durch einstellbaren Pfeifton; verwendet in Klinik und Arztpraxis

  • Ab Ende des 19. Jahrhunderts: Telephonie-Hörgeräte

    Mit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts bahnt sich eine neue Ära in der Technik der Hörhilfen an. Der elektrische Strom bewirkt nun die Verstärkung des gesprochenen Wortes, das bedeutet für die Fortentwicklung der Hörhilfen einen entscheidenen Wendepunkt. Den Grundstock freilich bietet die Erfindung des Telefons von dem Deutschen Philipp Reis 1861 einerseits und unabhängig von ihm Alexander Graham Bell in den USA 1876 andererseits. Diese Konstruktion erweist sich als brauchbar und entwicklungsfähig. Daneben zielten Bells Versuche auch darauf, den tauben Menschen ein Instrument zur Verfügung zu stellen, um die Sprache zu erlernen. Es heißt, er habe seiner schwerhörigen Frau ein elektrisches Hörgerät konstruiert. Unter den ersten Erfindern einer nach damaligen Verhältnissen wirklich brauchbaren Hörhilfe ist Edison mit einem Patent von 1901 auf einen „Kohle-Granulat-Transmitter”. Ein weiterer Tüftler namens Miller Reese Hutchinson meldet 1902 unter der Bezeichnung „Telephon Transmitter” einen Patentanspruch an. Kleinere und handlichere Geräte werden angeboten. Um eine größere Verstärkung zu erzielen, sind diese mit mehreren Kohlemikrofonen ausgestattet.

    Unter den ersten illustren Besitzern einer solchen Hörhilfe befindet sich die englische Königin Alexandra, die zu den Krönungsfeierlichkeiten 1901 ein Gerät von Miller Reese Hutchinson mit 4 Kohlemikrofonen benützt. Sie dankt Hutchinson persönlich mit der Verleihung eines Ordens. In den folgenden Jahren werden laufend verbesserte Geräte angeboten. Durch verkleinerte Batterien, Mikrofone und Hörer mit besserer Verstärkung bieten die Hörhilfen mit ihrer optimierten Handlichkeit schon die Möglichkeit, am Körper getragen zu werden. Gegenüber dem Tischgerät ist das ein nicht zu übersehender Fortschritt, der zu ihrer zunehmenden Verbreitung führt. Der anfänglich vermittels eines Griffes am Ohr zu haltende Hörer wird nun durch einen kleineren und leichteren Magneteinsteckhörer (etwa nach Louis Weber 1914) in der Ohrmuschel angebracht und läßt somit die Hand frei. Die Ausgangsleistung konnte stufenweise eingestellt werden. Handelsübliche 4,5 V Batterien kamen hinzu. Die Firma Ardente in London trug mit einem in dieser Kategorie ausgereiften Gerät zur größeren Verbreitung bei. Auf dem Kontinent entstand eine Reihe von Firmen, die dem Prinzip Kohletransmitter zur weiteren Verbreitung verhalfen. Siemens & Halske in Berlin war sowohl im Telefonbereich als auch mit der Herstellung elektromedizinischer Apparate beschäftigt, so daß sich auch Hörappparate in das Programm einfügten. Die Spezialisierung und Weiterentwicklung bis zum heutigen Tage erfolgt bei Siemens-Reiniger in Erlangen. Im Museum werden die nahezu lückenlosen Entwicklungsreihen der Firmen Bosch-Omniton, Siemens und Philips chronologisch geordnet vorgestellt. Auf dem deutschen Markt wurden dank der Nachfrage Produkte aus Dänemark, England, Schweiz und Amerika angeboten, teilweise auch mit firmeneigenem Kundendienst.

  • Exponate: Kohlemikrofon-Geräte

     

    Kohlemikrofon-Hörgeräte (1901 – 1935)
    Erste elektrische Hörhilfen, Anwendung der Telefontechnik mit Kohlekörnermikrofon und elektromagnetischem Hörer; beide mit Trockenbatterie in Reihe geschaltet; große Mikrofonflächen nötig; häufig Doppelmikrofon; Nahbesprechung des Mikrofons möglich; eingeschränkter Frequenzbereich von nur 300 bis 3000 Hertz

  • Von Beginn des 20. Jahrhunderts bis Anfang der fünfziger Jahre: Elektronenröhren-Geräte

    Die auf anderen Gebieten erkannten Vorteile der elektronischen Verstärkerröhre konnten auf dem Hörgerätesektor nicht unbeachtet bleiben. Über einen Zeitraum von 25 Jahren hatten die Carbon-Geräte in ihren vielfältigen Formen den Markt beherrscht. Der gleitende Übergang zur Elektronik vollzog sich Anfang der 30er Jahre. Mit Beginn des 2. Weltkrieges standen die kriegsbedingten Interessen im Vordergrund, und die Fortentwicklung ruhte. In der Nachkriegszeit begann ein Neuanfang mit Tischgeräten, die mit Röhren bestückt werden. In den Jahren 1946 bis 1948 brachte z.B. die Firma Atlaswerke in Bremen ein mit den Wehrmachtsröhren P 2000 ausgestattetes Netzanschluß-Tischgerät auf dem Markt. Zur gleichen Zeit baute auch Siemens ein Tischgerät mit Netzanschluss.

    Ab 1950 setzt auf breiter Basis die Entwicklung des am Körper zu tragenden Kästchen- oder Taschengerätes mit Verstärkerröhren ein. Während des Krieges wurde die aus militärischer Notwendigkeit entwickelte Subminiaturröhre für Hörgeräte eingesetzt. Auch hier der Krieg als Vater aller Dinge! Die Röhre schrumpfte auf 25 mm Länge und 8 mm Durchmesser. Sie benötigte eine Anodenspannung von mindestens 12,5 bzw. 25 V und eine Heizspannung von 1,5 V. Die früher recht großen Bauteile wie Batterien, Wandler, Schalter und anderes hatten die Größe der Geräte bedingt. Die zahlreichen auf dem Markt auftretenden Hersteller lieferten sich nun im Verein mit Batterie- und Bauteil-Lieferanten einen der Entwicklung sowie der Verkleinerung dienenden Wettbewerb. Bis 1963 erreichen die Kästchengeräte einen hohen technischen Stand an Tragekomfort, stark verbesserten Wiedergabe-Eigenschaften wie speziellem Hochton und Breitband, AGC, PC, wirkungsvoller Telefonspule u. a.

  • Exponate: Röhrengeräte

       

    Tisch-Hörgerät (1937)
    Hörgerät mit Radio-Verstärkertechnik; wegen Netzanschluss für die Stromversorgung der großen Vacuumröhren war es nicht tragbar; erste elektronisch verstärkende Hörhilfe

    Taschenhörgeräte mit Miniaturröhren (ab1945)
    Tragbare elektronisch verstärkende Hörgeräte in kleiner Bauform durch Elektronenröhren mit nur noch 4,8 mm Durchmesser; niedrige Röhren-Anodenspannung ermöglichte nun die Verwendung von Batterien (eine Batterie für die Röhrenheizung, eine für die Anodenspannung)

  • Ab 1957 Miniaturisierung der Bauteile durch Transistoren: Kästchengeräte, HDO-Geräte, IO-Geräte, Hörbrillen

    Mit Erfindung des Transistors und seiner rasanten Vervollkommnung – etwa ab 1957 – gewinnt dieser Baustein im Hörgerät die Bedeutung eines wichtigen Entwicklungsabschnittes. Zunächst kam der Transistor nur teilweise als Bauglied zur Anwendung. Transistor und Röhre im Verbund boten Platzgewinn und Stromersparnis, man sprach vom Teiltransistorgerät. Mit der Weiterentwicklung dieses Verstärkungsgliedes kam aber alsbald das Volltransistorgerät. Der Wettbewerb auf dem Markt zielte auf eine ständige Miniaturisierung aller Bauteile.

    Die den Kästchengeräten anhaftenden nachteiligen Eigenschaften, u.a. auch das störende Kleider-Reibegeräusch auf das Ohr zu übertragen, bestärkte die findigen Techniker – vornehmlich in den USA – in der Absicht, ein am Kopf zu tragendes Gerät zu entwickeln. Neben dem ästhetischen Gewinn hat diese Plazierung den Vorteil, die Information dort aufzunehmen, wo die Natur es vorgesehen hat. Der Transistor und die Diode mit ihren geringen Abmessungen und die nun zur Verfügung stehenden Quecksilber-Knopfzellen von 1,4 bzw. 1,5 V boten in Verbindung mit einer gedruckten Schaltung die Möglichkeit zum anatomisch geformten HDO (Hinter-dem-Ohr)-Gerät mit seinen Varianten. Der amerikanische Markt mit 170 Millionen Einwohnern bot die Gewähr für schnelle Amortisation der Entwicklungskosten. Der hinter dem Ohr zur Verfügung stehende Platz bestimmt die Form des HDO-Gerätes. Der beschränkte Platz im Gehäuse machte es bei den ersten Modellen erforderlich, die Knopfzellen auf der Außenwand des Gehäuses zu plazieren. Auch der Hörer fand bei manchen Typen innen keinen Platz und mußte als Magnet-Einsteckhörer, wie beim Kästchengerät, in der Ohrmuschel (Concha) angebracht werden.

    In der ebenfalls in den USA entwickelten „Modul-Technik” wurden die Bauelemente wie Transistoren, Widerstände, Dioden u.a. auf kleine Kunststoffplättchen aufgebracht und diese aufeinandergeschichtet und verdrahtet. Mit dieser Bauweise wurde Betriebssicherheit erzielt und Platz gewonnen, wodurch die äußeren Abmessungen des HDO wieder ein wenig reduziert werden konnten. Die nächste Entwicklungsstufe war die „Dünnfilmtechnik”. Auch hierbei handelt es sich um eine Sandwichbauweise, jedoch mit extrem dünnen Schichten, die im Vakuum durch Bedampfung aufgebracht werden. Die wesentlichen Verstärkerbauteile wie Transistoren werden bei diesem Verfahren nachträglich eingebracht. Besonders hervorzuheben ist die Entwicklungsarbeit der Firma Knowles in den USA, die besonders zur Verbesserung der Leistung und Miniaturisierung der Schallwandler beigetragen hat.

    In diesen Zeitraum der HDO-Geräte gehört auch die Hörbrille. An dieser Bauform einer Hörbrille waren Brillenträger zunächst interessiert in dem Glauben, es brauche nichts mehr in das Ohr gsteckt zu werden. In den Jahren 1950 bis 1970 kam als erstes die Zweibügelbrille auf den Markt. Die Brillenbügel waren wegen der Größe der Einbauteile recht klobig. Die Verstärkerteile mußten aus Platzgründen auf beide Bügel verteilt werden. Eine Seite wurde mit Mikrofon und Vorverstärker bestückt, die andere Seite nahm Endverstärker, Hörer und Batterie auf. Die Verbindung beider Seiten erfolgte über den Mittelteil der Fassung und die Scharniere. Aber Leitungsbruch und Oxydation an den Scharnieren waren nicht selten. Freilich wandelte sich die Hörbrille im Laufe der Jahre zu einem eleganten Utensil. Mit Aufkommen der IO-Geräte verlor die Brille jedoch an Bedeutung.

    Eine technische Fortentwicklung der Hörgeräte ist nicht denkbar ohne die gleichzeitige Verbesserung der Ohrstücke (Otoplastik). Ein wesentlicher Teil der Übertragungseigenschaften obliegt diesem Zubehör. Neben der sorgfältigen Abdrucknahme am Ohr spielen Material, Bohrung, druckfreier Sitz und nicht zuletzt die Ästhetik eine wichtige Rolle. Für die Akzeptanz der Anpassung durch die Patientenschaft wurde von engagierten Hörakustikern und vor allem von den otoplastischen Labors bedeutende Pionierarbeit geleistet.

    „ Es eilt die Zeit im Sauseschritt, und eins, zwei, drei, wir eilen mit” schreibt Wilhelm Busch.
    In den späten 80er Jahren erregt das baugruppentechnisch nahezu ausgereifte Im-Ohr-Gerät (IO) allgemeines Interesse. In den USA hat es bereits 30% Marktanteil gewonnen. Auch in Europa erreicht dieser Gerätetyp recht bald einen hohen technischen Stand und damit Marktanteil. Infolge der Plazierung in der Concha ist die Schallaufnahme noch näher an das Trommelfell gerückt, mit all den sich daraus ergebenden Vorteilen. Die unauffällige Trageweise begeisterte die Hörbehinderten aus verständlichen Gründen, jedoch wurden der anfänglichen Freude bald Grenzen gezogen. Gerät und Otoplastik verschmelzen bei diesem Typ zu einer Einheit. Die Bedienung des winzigen Rädchens des Lautstärkereglers bereitet älteren Leuten mit herabgesetztem Tastgefühl in den Fingern oft Schwierigkeiten, desgleichen das Einsetzen der kleinen Knopfzellen. Auf eine Telefonspule muß aus Platzgründen verzichtet werden. Zudem reicht die Verstärkerleistung zunächst nur bei geringer bis mittelschwerer Hörbehinderung. Der verantwortungsbewußte Hörakustiker muß die vorliegende Hörbehinderung sorgfältig bei Beratung und Entscheidung zwischen HDO und gewünschtem IO berücksichtigen, um nicht nach der Anpassung Unzufriedenheit hervorgerufen zu haben.

  • Exponate: Transistorgeräte, HDO-Geräte, IO-Geräte

       

    Taschenhörgeräte mit Transistoren (ab 1954)
    Elektronische Hörgeräte; weitere Verkleinerung durch Transistoren; keine Anodenbatterie mehr nötig; geringerer Stromverbrauch; fortschrittliche Technologie

    Hinter-dem-Ohr Hörgeräte (ab 1957)
    Leistungsfähige Hörgeräte; durch Miniaturisierung von Mikrofon, Verstärker, Hörer und Batterie (Quecksilberzelle) so klein, dass jetzt ein Tragen hinter dem Ohr möglich ist; weitere Verkleinerung durch Einsatz von integrierten elektronischen Bauteilen; Übertragung vom Hörer über Hörschlauch zum individuell angepassten Ohrstück aus Kunststoff, das zusätzlich vielfältige Möglichkeiten der weiteren akustischen Verbesserung bietet; Mikrofon jetzt frei am Ohr getragen, keine störenden Reibegeräusche mehr; vorteilhafter Kopfschatteneffekt für besseres Richtungshören, vor allem mit zwei Hörgeräten.

    In-dem-Ohr Hörgeräte (ab 1969)
    Hörgeräte zum Tragen in der Ohrmuschel oder heute sogar im Gehörgang, also an den Orten der natürlichen Schallaufnahme; Vorteile beim Richtungshören; sehr kleine, kaum sichtbare Hörgeräte möglich; Einbau der Mikroelektronik in eine individuelle Maß-Schale aus Kunststoff oder Metall.

  • Exponate: Hörbrillen

     

    Hörbrillen (ab 1954)
    Kombination von Hörgerät und Brille; unauffällig tragbares Hörgerät; früher aus Platzgründen auf einer Seite Mikrofon und Vorverstärker, auf Gegenseite Endverstärker, Hörer und Batterie; ein Hilfsmittel für zwei Behinderungen; noch heute werden elegante Hörbrillen gefertigt; Bedeutung für CROS Versorgungen

    Knochenleitungs-Hörgeräte (ab ca. 1960)
    Einsatz eines besonders stabilen Brillengestelles (oder Kopfbügels), um Körperschall direkt auf den Schädelknochen hinter dem Gehörgang (Mastoid) aufbringen zu können; so wird Hören bei nicht funktionsfähigem Mittelohr möglich; heute häufig ersetzt durch knochenverankertes Metall mit aufgestecktem Hörgerät.